Zwei Leserbriefe aus Homberg (Ohm)

Brief 1 (13.02.2016) – Wes´ Brot ich ess´, des Lied ich sing!

Hartmut Kraus, Homberg (Ohm)

Ein schönes altes Sprichwort, das bis heute seine inhaltliche Wahrheit nicht verloren hat. Und 90 T für ein Gutachten sind ja auch kein Pappenstiel. Dies vorab zu den Ausführungen des Planungsbüros Fischer in der letzten Stadtverordnetenversammlung . Da wurde im Bereich Homberg so lange gebastelt und geschoben, bis die Rechnung für die (oder vielleicht nur den?) Auftraggeber aufging. Da bittet z.B. der Magistrat von Stadtallendorf darum, im nördlichen Bereich der Großgemeinde Homberg keine Windkraftanlage zu installieren. Dieser Bitte wird dann halt einfach mal stattgegeben. Da wird vom Planungsbüro Fischer dargestellt, daß man bei der Urteilsfindung sogar die Ortsbeiräte von Bleidenrod, Deckenbach, Gontershausen und Haarhausen eingebunden hat. Ich dachte immer, der Herrmannsberg als Ziel- und Stoßrichtung der Verantwortlichen läge auf dem Gebiet der Kernstadt Homberg. Liege ich da vielleicht falsch? Warum ist denn der Homberger Ortsbeirat nicht eingebunden worden? Wie schreibt doch der Homberger NABU im letzten Satz seiner Pressemitteilung v. 30.1.: „Der NABU bedauert, daß die fachlich durchdachte Planung des Teilregionalplanes Energie Mittelhessen durch Eingaben , die oftmals auf Einzelinteressen beruhten, ins Wanken gebracht wird.“

Und so werden dann von dem oder den Verantwortlichen der Stadt Homberg Stück für Stück die vom RP Giessen im Regionalplan Energie für Mittelhessen windkraftgeeigneten Flächen als ungeeignet eingestuft und umgekehrt der Herrmannsberg, der vom RP Giessen als „nicht geeignet“ eingestuft wurde, plötzlich von der Stadt Homberg bzw. dessen Planungsbüro als geeignet angesehen. Na ja, man musste wohl schon ein bisschen nachhelfen durch die geräuschlos im Hintergrund verlaufene Verlegung der Hubschraubertiefflugstrecke weg vom Herrmannsberg in Richtung Bleidenrod/Burg-Gemünden. Mit dem Erfolg, daß nun die dortigen vom RP vorgesehenen Windvorrangflächen, die kaum irgend jemanden gestört hätten, nicht mehr einzuhalten sind. Ganz clever, oder? Übrigens taucht der Herrmannsberg im Teilregionalplan des RP´s Mittelhessen immer noch als „ungeeignet“ für Windvorrangflächen auf. Hätte man übrigens diesen Regionalplan so akzeptiert, wie er vom RP ausgewiesen wurde, hätte man kein Gutachten benötigt und die 90 T € (wer hat die eigentlich beschlossen?) befänden sich heute noch in der Stadtkasse.

Bürgermeister Dören betont, daß alleine das ökologische Gutachten rund 80 T € gekostet habe. Wer ist denn da befragt worden? Alleine in 2015 ist der Schwarzstorch an fünf Stellen rund um den Herrmannsberg gesichtet worden, immer in Aufflugrichtung Herrmannsberg. Sicherlich befindet sich dort auch ein entsprechendes Nest. Ein solches befindet sich aber definitiv in einer Entfernung von 6 km zum Herrmannsberg, also noch innerhalb der sog. Schutzzone von 10 km. Ich selbst habe im letzten Jahr und auch noch vor 2 Wochen Rotmilane auf dem Herrmannsberg gesichtet, gestern wurden gar 3 Rotmilane von einem aufmerksamen Homberger beobachtet. Zwei Rotmilanhorste auf dem Herrmannsberg sind den Eingeweihten definitiv bekannt. Es gibt drei!! bedeutende Bodendenkmäler auf dem Herrmannsberg, wovon bisher nur Eines in der Homberger Ortsakte (bei der Hessenarchäologie Marburg) eingetragen ist. Die beiden Anderen werden nachgetragen. Aber reden wir nicht nur von uralten Bodendenkmälern und Vögeln. Viel wichtiger sind doch die Menschen, die Bürger von Homberg und besonders diejenigen, die am intensiv bebauten

Südhang von Homberg liegen. So ein Windrad ist ja schließlich sechsmal so hoch wie unser Kirchturm. Und die Schlagschatten der Flügel werden zumindestens in den Wintermonaten den gesamten Südhang von Homberg bestreichen – vom Hechteloh bis zum Ostring, wo ja gerade ein neues Bebauungsgebiet entstehen soll. Viel Spaß! Und da der Wind ja meist von Südwesten weht, wird man wohl auch den Schallgeräuschen der Rotoren ausgesetzt sein. In ganz Hessen würde wohl jeder verantwortungsvolle Bürgermeister oder Stadtrat alles daransetzen, ein solches Schicksal seinen Bürgern zu ersparen. Nur eben in Homberg nicht. Warum nur?

Jetzt kommt das Wichtigste, wie meistens zum Schluß: Ab dem 1.1.2017 tritt die neue „EU-Richt-linie Energie“ in Kraft, die Windenergieparks nur noch ab einer Windgeschwindigkeit von 7 m/sec. erlaubt, um mangelnder Rentabilität und dem Wildwuchs entgegenzusteuern. Am Herrmannsberg sind dies zwischen 5,25 und 5,5 m/sec., lt. unserem teuren Gutachten sogar bis 5,8. Jetzt versteht man wohl auch, daß es gewisse Stellen, Parteien und Koalitionäre in Homberg so eilig haben.

Brief 2 – Keine Windräder auf den Herrmannsberg

(Hartmut Kraus)

Im November bereits beschlich mich ein ungutes Gefühl, als unser Bürgermeister in der vorgelagerten Fragestunde der Stadtverordnetenversammlung andeutete, daß es bereits gute Kompromissse gebe, um die Hubschraubertiefflugstrecke zu verlegen und damit Windkraftanlagen auf dem der Stadt Homberg unmittelbar vorgelagerten Herrmannsberg zu errichten. Wie weit da gewisse Weichenstellungen ohne Wissen der Homberger Bürger bereits fortgeschritten sind, wurde mir klar, als ich am 19. Dezember den Bericht von der Stadtverordnetenversammlung las. Da verweist gemäß Zeitungsnotiz Herr Bürgermeister Dören auf vier mögliche Standorte auf der „Roten Kuh“ (die „Rote Kuh“ ist ein Teilbereich des Herrmannsberges und grenzt unmittelbar ans Ohmtal, direkt gegenüber der Bebauung des Homberger Südhangs), deren Wert er mit vier Millionen ansetzte. Würde die Stadt sie verkaufen, dann wäre der Homberger Schuldenstand bei Null. Allerdings sei es besser, mögliche Anlagen in eigener Regie zu behalten und die Bürger zu beteiligen. So Herr Bürgermeister Dören lt. Zeitungsbericht vom 19. Dezember.

Da schrillten bei mir die Alarmglocken. Zum Einen finde ich, daß es betriebswirtschaftlich nicht sehr sinnvoll ist, ständig durch Verkäufe des Homberger Tafelsilbers (hier unser Stadtwald – siehe aber auch bereits erfolgter Verkauf der Hälfte des Naherholungsgebietes „Hoher Berg“) die städtischen Finanzen zu sanieren. Was aber, wenn das gesamte städtische Eigentum versilbert ist? Zum Anderen finden es selbst Kenner der Materie als momentan nicht mehr erstrebenswert, diese mehrere Millionen Euro teuren Anlagen in kommunaler Eigenregie zu übernehmen. Selbst unser Nachbarbürgermeister aus Amöneburg hat erst kürzlich, wie zu lesen war, die Option der städtischen Beteiligung an den Windrädern über Höingen abgelehnt. Warum wohl?

Übrigens ist im Teilregionalplan Mittelhessen das in Frage kommende Waldareal des Herrmannsberges (114 ha vornehmlich Mischwald und gerade mal 7 ha Offenland) mit der Nr. 5402 ausdrücklich als nicht!!! zur Vorrangfläche Windenergie geeignet ausgewiesen. Denkt man hier  erneut an ein Zielabweichungsverfahren? Der RP kennt das ja schon von den Hombergern.
Natürlich kann eine Hubschraubertiefflugstrecke verändert werden. Aber was ist mit den zahlreichen weiteren Restriktionen, die für meine Begriffe eine Errichtung von Windkraftanlagen an dieser Stelle als absolut ungeeignet erscheinen lassen.

Liebe Homberger, wandert mal auf den Hohen Berg und schaut z.B. mal von der dortigen Schutzhütte hinunter auf die Silhouette unseres mittelalterlichen Städtchens – und stellt Euch dahinter die riesigen Windräder vor, die den Wald weit überragen und die ungetrübte Stadtansicht verschandeln werden – in einer Entfernung von knapp 1 km vor der geschlossenen Bebauung von Homberg. Oder schaut von der Südhangbebauung, unserem schönen Schloß oder von unserer Kirche in Richtung „Rote Kuh“. Und dann müsst Ihr Euch noch vorstellen, daß ein solches Windrad in der Gesamthöhe etwa sechsmal!!! so hoch wie unser Kirchturm ist.    Homberger, wacht auf!

Ist denn überhaupt in die Überlegungen zum Windortstandplatz „Herrmansberg“ eingeflossen, daß nicht nur der Hessische Pfadfinderzeltplatz und das Naherholungsgebiet „Buchholzbrücke“ am Rande des Herrmannsbergs tangiert werden, sondern auch unser Premiumwanderweg „Sagenhaftes Schächerbachtal“, immerhin z. Zt. noch auf Platz 1 in ganz Hessen! Das wäre dann aber wohl vorbei. So kann man sich erfolgreichen Tourismus auch kaputt machen! Und was ist mit den Rotmilan- und ganz besonders dem Schwarzstorchvorkommen am Herrmannsberg? Und die Bedeutung als Erholungswald der Homberger insbesondere als Walking- und Joggingstrecke? Weiß man denn auch um eine mittelalterliche Steinsetzung (Schweinestall) und einer Quarzitschlagstelle aus der Altsteinzeit (evtl. der Neanderthaler) an der „Roten Kuh“? Und wurden denn der Homberger Ortsvorsteher und der Ortsbeirat überhaupt in die neue Standortdiskussion mit eingebunden?
Ein gutes Neues Jahr (hoffentlich ohne Windräder am Herrmannsberg) wünscht Hartmut Kraus.

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