Was passiert wenn es brennt?

Frage: 
„…In welchem Umkreis können in Abhängigkeit zur Höhe von Windkraftanlagen im Falle von Bränden Gefahren für von Sach- und Personenschäden entstehen…“
Antwort:
„…Gemäß der Fachempfehlung des Deutschen Feuerwehrverbandes ist bei einem Brandereignis von herabfallenden Teilen auszugehen (ein Zusammenfallen der gesamten Anlage hin-gegen ist unwahr-scheinlich). Daher muss ein Radius von mindestens 500 Metern unzugänglich gemacht werden, bei markantem Wind ist in Windrichtung das Doppelte einzuplanen...“

Schriftliche Kleine Anfrage

des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 16.05.2013

und Antwort des Senats – Drucksache 20/8032 –

Betr.: Windkraft – was passiert, wenn es brennt?

Wenn Windenergieanlagen errichtet werden, ist es dringend erforderlich, auch die Aspekte

des Brandschutzes zu beachten.

Als Ursachen von Bränden kommen vor allem Blitzschläge und technische Defekte in Be- tracht. Der VDS-Verlag hat einen Leitfaden für den Brandschutz für Windkraftanlagen heraus- gegeben, der die Sicherheit des Betriebs nachhaltig erhöhen kann, siehe https://vds.de/fileadmin/vds_publikationen/vds_3523_web.pdf. Allerdings lässt sich auch bei Einhaltung strengster Sicherheitsrichtlinien ein Brand einer Windkraftanlage niemals gänzlich ausschließen. Dieser erweist sich bei Höhen der Anlagen von bis zu 150 Metern als problema- tisch, da ein Löschen des Brandes kaum möglich ist – in der Regel bleibt der Feuerwehr nur die Option, die Anlage „kontrolliert abbrennen zu lassen“. Auf YouTube findet man auf https://www.youtube.com/watch?v=I2NscsOj2AY Anschauungsmaterial zu dieser Problematik.

Bei starken Stürmen ergibt sich dann noch zusätzlich die Gefahr herumfliegender Bauteile oder Ähnliches.

Ich frage den Senat:

1. Welche Brandschutzkonzepte für bestehende und noch zu errichtende Windkraftanlagen kommen in Hamburg zur Anwendung?

In Hamburg finden der Bauprüfdienst (BPD) 3/2008 Windenergieanlagen (WEA) und über die Liste der technischen Baubestimmungen die Richtlinie über Windenergieanlagen Anwendung.

Der Leitfaden für den Brandschutz für Windkraftanlagen vom VDS-Verlag, die Berufsgenossenschaft- liche Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit BGI 657 „Windenergieanlagen“, die Fachempfehlung „Einsatzstrategien an Windenergieanlagen“ vom Deutschen Feuerwehrverband und die EN 50308 „Windenergieanlagen: Schutzmaßnahmen – Anforderungen für Konstruktion, Betrieb und Wartung“ finden ebenfalls Berücksichtigung.

1.1 Wie werden in diesen Konzepten insbesondere folgende Risiken minimiert: 1.1.1 Konzentration potenzieller Zündquellen in der Gondel

Der Leitfaden für den Brandschutz für Windkraftanlagen VDS-Verlag und die Berufsgenossenschaftli- che Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit BGI 657 „Windenergieanlagen“ be- schreiben die mögliche Minimierung von Gefahren aus elektrischen Anlagen. Dazu gehört neben der Minimierung brennbarer Stoffe auch die Vermeidung von möglichen Zündquellen.

1.1.2 Blitzschlagrisiko

Für WEA sind Blitzschutzanlagen (§ 43a Absatz 2 Hamburgische Bauordnung ( HBauO) und BPD 1/2006 „Blitzschutzanlagen“) erforderlich. Die Anforderungen sind in der Norm DIN VDE 0185 gere- gelt.

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1.1.3 Schlechte Erreichbarkeit der Anlagen durch die Feuerwehr et cetera

WEA sind, wie andere bauliche Anlagen nur zulässig, wenn die Erschließung gesichert ist. Das Grundstück muss eine ausreichende Zufahrtsmöglichkeit aufweisen, die sowohl Errichtung als auch Wartung der WEA zulässt. Sofern die WEA in den Anwendungsbereich des § 9 Bundesfernstraßen- gesetz fällt, sind die dort vorgegebenen Anforderungen zu beachten.

1.1.4 SonstigeRisiken?

Eisabwurf:

Abgeleitet aus den allgemeinen Sicherheitsanforderungen des § 3 Absatz 1 HBauO sowie aufgrund der Vorgaben der Anlage 2.7/10 der Liste der Technischen Baubestimmungen zur Richtlinie für Wind- energieanlagen erfordert ein möglicher Eisabwurf gesonderte Anforderungen an Abstandsflächen.

Standsicherheit:

Die Vorgaben zur Standsicherheit ergeben sich aus den einschlägigen Regelungen der HBauO sowie der Richtlinie für Windenergieanlagen. Die Standsicherheit und Sicherheitsanforderungen an drehbare Bauteile (Maschine und Rotorblätter) sind durch Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen zu belegen.

1.2. Welche technische Einzelheiten werden durch die Konzepte festgelegt: 1.2.1 Gesamthöhe

Der Bauprüfdienst (BPD) 3/2008 Windenergieanlagen gibt der Bauaufsicht Hinweise für das erforderli- che Genehmigungsverfahren für die in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Windenergieanlagen. Auf Ziffer 6 ff des Bauprüfdienstes wird verwiesen.

1.2.2. Sicherung der Selbstabschaltung im Schadensfall

Im Schadensfall muss die Verbindung zum Netz schnellstmöglich getrennt werden. Dies ist vom Be- treiber sicherzustellen.

1.2.3. Verwendung feuerhemmender Materialien

An WEA, die Sonderbauten (> 30 m) sind, können besondere Anforderungen nach § 51 HBauO ge- stellt werden. Spezielle Vorgaben für die Umsetzung des § 51 HBauO für WEA bestehen zurzeit in Hamburg nicht. WEA bis 30 m Gesamthöhe unterliegen den „normalen“ Anforderungen der HBauO.

1.2.4. Automatische Blockierung der Rotoren im Schadensfall

In der EN 50308 „Windenergieanlagen: Schutzmaßnahmen – Anforderungen für Konstruktion, Betrieb und Wartung“ sind Anforderungen für Schutzmaßnahmen im Hinblick auf die Gesundheit und Sicher- heit des Personals festgelegt, die zur Abnahme, zum Betrieb und zur Instandhaltung von Windkraftan- lagen gehören. Diese beschreibt unter anderem auch den Not-Halt und weitere technische Anforde- rungen.

1.2.5. Sonstige Einzelheiten?

Siehe Antwort zu 1.2.4.

2. In welchem Umkreis können in Abhängigkeit zur Höhe von Windkraftanlagen im Falle von Bränden Gefahren für von Sach- und Personenschäden entstehen:

2.1. bei Windkraftanlagen bis 100 Meter Höhe 2.2. bei Windkraftanlagen bis 150 Meter Höhe

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2.3. bei Windkraftanlagen über 150 Meter Höhe?

Gemäß der Fachempfehlung des Deutschen Feuerwehrverbandes ist bei einem Brandereignis von herabfallenden Teilen auszugehen (ein Zusammenfallen der gesamten Anlage hin-gegen ist unwahr- scheinlich). Daher muss ein Radius von mindestens 500 Metern unzugänglich gemacht werden, bei markantem Wind ist in Windrichtung das Doppelte einzuplanen.

2.4. Welche Konsequenzen ergeben sich hieraus:

2.4.1. in landschaftsplanerischer Hinsicht

2.4.2. in bebauungsplanerischer Hinsicht (Abstand zu Siedlungsflächen)

Im laufenden Änderungsverfahren für den Flächennutzungsplan und das LAPRO werden entspre- chend der Empfindlichkeit der Nutzungen Ausschlussgebiete und Mindestabstände zu empfindlicher Nutzung für die Errichtung von Windkraftanlagen festgelegt. So soll z.B. der Abstand von Siedlungs- gebieten/-flächen zu Eignungsgebieten für WEA 500 m betragen.

2.4.3. sonstige planerische Konsequenzen?

Rettungs- und Hilfskräfte müssen die WEA im Einsatzfall schnell erreichen und betreten können. Für den Notfall sind erforderliche Maßnahmen mit den für die WEA jeweils zuständigen Stellen abzustim- men und die Informationen den Rettungskräften zugänglich zu machen.

2.5. Inwieweit sind Evakuierungspläne erforderlich?

Im jeweils vorzulegenden Brandschutzkonzept müssen bauliche, anlagentechnische und organisatori- sche Schutzmaßnahmen sich risikogerecht und schutzzielorientiert einander ergänzen; wechselseitige Beeinträchtigungen der Schutzfunktionen müssen ausgeschlossen werden. Eine pauschale Aussage zu den zu treffenden Sicherheitsvorkehrungen ist daher nicht möglich.

3. Inwieweit wird in den Brandschutzkonzepten auch die Potenzierung von Gefahren durch eine einzelne Windkraftanlage in einem Windpark berücksichtigt?

3.1. Inwieweit lassen sich mögliche „Kettenreaktionen“ (der Brand einer Anlage löst den Brand weiterer Anlagen aus) verhindern?

Siehe Antwort zu 2.5.

4. Welche Methoden gibt es, ein „kontrolliertes Abbrennen lassen“ nicht letztlich außer Kontrolle geraten zu lassen und inwieweit sind diese bereits praktisch erprobt?

Sollte es zu einem Feuer im oberen Teil der WEA gekommen sein, so sind die Möglichkeiten für die Feuerwehr in aller Regel sehr beschränkt. Hier sollte von der Option des kontrollierten Abbrennens Gebrauch gemacht werden. Besonders wichtig ist in diesem Fall das Schaffen eines Sicherheitsberei- ches durch äußerst weiträumiges Absperren. Im Übrigen siehe Antwort zu 2.

4.1. Wie hält man insbesondere bei starkem Sturm das Abbrennen unter Kontrolle?

Siehe Antwort zu 2.bis 2.3.

5. Welche Art der ständigen Überwachung von Windkraftanlagen ist vorgeschrieben? 5.1. Welche speziellen Regeln existieren speziell für Windparks?

Es gibt keine speziellen Regelwerke für Windparks. Üblicherweise werden die Steuerungs- und sicherheitsrelevanten Betriebsparameter in der Anlage aufgezeichnet und an die Fernwarte übertra-

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gen, die dann die Anlage entsprechend steuern kann bzw. für bestimmte Ereignisse auch sofortige automatische Betriebsabschaltungen.

6. Im Wasserschutzgebiet Altengamme/Curslack sollen zehn Windenergieanlagen und in der Schutzzone 3 fünf Windenergieanlagen errichtet werden. Welche potenziellen Ge- fahren bestehen bei einem Brand der Windenergieanlagen im Speziellen für das Trink- wasser in den oben genannten Bereichen und insbesondere dann, wenn beispielweise Öl oder andere Giftstoffe austreten?

Siehe Antwort zu 2.5.

6.1 Gibt es insbesondere zum Schutz des Trinkwassers Konzepte? Wenn ja welche?

Wenn nein, warum nicht?

Da die Feuerwehr die Anlage in der Regel kontrolliert ausbrennen lässt (s. Antwort zu 4.) entsteht bei Windenergieanlagen üblicherweise kein kontaminiertes Löschwasser, da elektrische Anlagen norma- lerweise nicht mit Wasser gelöscht werden und damit auch kein Eindringen in den Untergrund/ Boden von belastetem Löschwasser zu befürchten ist.

Generell kann nach § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG vom Umgangsverbot in Wasserschutzgebieten bzgl. wassergefährdender Stoffe eine Befreiung erteilt werden, wenn der Schutzzweck (Grundwasser- schutz) nicht gefährdet wird. Diese Befreiung kann für Windkraftanlagen erteilt werden, wenn bzgl. des Umgangs und der Lagerung von wassergefährdenden Stoffen durch besondere technische und be- triebsorganisatorische Maßnahmen (z.B. Auffangwannen für die Getriebeölbehälter, besondere Anfor- derungen an die regelmäßige Wartung der VAwS-Anlagen) sichergestellt wird, dass in einem Scha- densfall keine wassergefährdenden Stoffe in den Boden oder das Grundwasser gelangen können.

6.2 Hat die Verwaltung Kenntnis beziehungsweise gibt es Erhebungen/ Statistiken über Brände von Windenergieanlagen in der Vergangenheit?

Wenn ja, bitte aufführen.

Wenn nein, warum nicht und warum werden diese nicht – zum Beispiel zwecks Auswertung oder Erfahrungsberichten – erfasst?

In der Vergangenheit wurden keine Erhebungen/ Statistiken über Brände von Windenergieanlagen geführt, da diese Einsätze nur sehr selten vorkamen. Es gibt jedoch durchaus einen Erfahrungsaus- tausch über aktuelle Schadensfälle.

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