Naturschutzinitiative e.V.: „Windenergie im Vogelschutzgebiet (Köppel/Ulrichstein) ist mit dem Natur- und Artenschutz nicht vereinbar!“

Pressemitteilung der Naturschutzinitiative e. V. (NI) vom 30.10.2016

NI nimmt am 03.11.2016 am Erörterungstermin zum Antrag von ovag ENERGIE AG und Bohn GbR im Innovationszentrum der Stadt Ulrichstein teil

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Die Naturschutzinitiative e. V. (NI) hat bereits im Rahmen der Offenlagen beim Regierungspräsidium Gießen zum Bauantrag dreier Windkraftanlagen (WKA) nur einen Kilometer nördlich von Ulrichstein, Richtung Helpershain auf den benachbarten Bergen Kopf und Köppel, auf die zahlreichen entgegenstehenden Naturschutzbelange hingewiesen.

Die Gutachten der Antragsteller zum Thema Natur- und Artenschutz völlig unzureichend. Wichtige Faktoren oder Arten wurden dabei gar nicht berücksichtigt. Insbesondere weist der Naturschutzverband auf die Lage der geplanten „Windfarm“ in einem Rotmilandichtezentrum hin. Der Rotmilan ist eine stark gefährdete Vogelart, für die gerade Hessen eine hohe Verantwortung trägt. Zudem ist dieser Greifvogel besonders anfällig, in den Windrädern getötet zu werden, da er keine Meideverhalten gegenüber diesen Anlagen zeigt.

„Es ist völlig unverantwortlich, Windenergieanlagen in einem europäischen Vogelschutzgebiet bauen zu wollen. Vogelschutzgebiete dienen dem Schutz von Vögeln und nicht ihrer Industriealisierung. Es kann nicht sein, dass der Antragsteller insbesondere den Bau der Windenergieanlage Nr. 1 auf dem Eckmannshain weiterverfolgt, obwohl sich in nur 150 m Entfernung ein Horst des streng geschützten Rotmilans befindet. Dies wird keinen rechtlichen Bestand haben“, erklärte Harry Neumann, Landesvorsitzender der Naturschutzinitiative e.V. (NI).

Zudem gibt es mehrere Bruthinweise aus den vergangenen Jahren, möglicherweise sogar zu einem zweiten Horst in unmittelbarer Umgebung.

„Dass das Gutachterbüro des Vorhabenträgers hier selbst keine Bruthinweise gefunden hat, lässt sich mit einem nicht ausreichenden Zeitraum für die Beobachtungsgänge und teilweise nicht geeigneten Beobachtungspunkten erklären. Außerdem stammen deren Beobachtungen überwiegend aus dem Jahr 2012 und können daher die neuesten Entwicklungen gar nicht berücksichtigen“, so Rüdiger von dem Borne, Fachbeirat der NI, weiter.

Der mit der Windenergieanlage Nr. 1 geplante Bereich wurde mittlerweile durch das RP Gießen aus der Regionalplanung herausgenommen. Offensichtlich hält auch das Regierungspräsidium Gießen diesen Standort nicht mehr als geeignet für die Errichtung von Windenergieanlagen. Wieso wird dort dennoch weiter eine Windindustrieanlage geplant? Die NI weist zudem im Bereich Eckmannshain auf einen Brutverdacht des Raubwürgers, einem etwa amselgroßen Singvogel, sowie auf ein Revier des höchst windenergiesensiblen Baumfalken hin. Der Errichtung der beiden Windkraftanlagen auf dem „Kopf“ stehen ebenfalls zwei Reviere des Raubwürgers entgegen.

„Angesichts des dramatischen Rückgangs des Raubwürgers in Hessen zählt mittlerweile jedes einzelne Revier für den Erhalt der Art. Demzufolge ist ein sehr strenger Maßstab anzulegen, was die Gefährdung durch Lebensraumverlust und Störwirkungen betrifft, denn Raubwürger sind sehr standorttreu und territorial“, betonte Dipl.-Biologin Dr. Christine Thiel-Bender, Naturschutzreferenten der Naturschutzinitiative.

Ein Ausgleich durch Aufwertung von Habitaten in 3 km Entfernung, wie im Verfahren vorgeschlagen, ist daher nicht geeignet, den Funktionsverlust der vorhandenen Habitate auszugleichen, denn der räumlich-funktionale Zusammenhang ist hierbei für diese Tierart nicht gegeben. Neben den Schutzbedürfnissen von Vögeln, von Fledermausarten und der Haselmaus weist die NI auch auf mögliche Beeinträchtigungen von geschützten Landschaftsbestandteilen wie Quellen und Erlenbruchwäldern hin. Als besonders schwerwiegend sieht die NI die Errichtung der Windkraftanlage Nr. 3, nur 90 m Entfernung von einem Erlenbruchwald und den zugehörigen Quellen des Trockenauer Bachs.

„Selbst bei einer Flachgründung kommt das Fundament gemäß dem Baugrundgutachten bereits unterhalb des Grundwasserspiegels zu liegen. Bei einer Tiefengründung, die der Vorhabenträger vorsorglich beantragt hat, würde in den Grundwasserhaushalt sogar in eine Tiefe von bis zu 7,85 m unter Geländeoberkante eingegriffen“, so Fachbeirat Rüdiger von dem Borne.

Das dann erforderliche Abpumpen von Grundwasser oder dessen Verunreinigung durch Baustoffe kann zu dauerhaften Veränderungen der quelltypischen Fauna und Flora führen und die sensiblen Biotope somit nachhaltig schädigen oder gar zerstören. Weiter ist verwunderlich, dass ein Gutachten des Landesverbandes für Höhlen- und Karstforschung Hessen e.V. austretendes Quellwasser nahe der geplanten Anlage nachweisen konnte, während die Gutachter des Vorhabenträgers hingegen die Quellen in diesem Bereich einfach verneinen. Der Landesverband für Höhlen- und Karstforschung Hessen hat im Rahmen der Untersuchungen des Weiteren östlich der geplanten Windenergieanlage Nr. 4 im Kühnholz weitere wertvolle Quellen nachgewiesen, in welchen neben dem Alpenstrudelwurm sogar die äußerst seltene Rhönquellschnecke vorkommt.

„Diese kommt ausschließlich in der Rhön und im Vogelsberg vor. Die möglichen Beeinträchtigungen durch das Vorhaben sind nicht hinnehmbar, wurden durch den Vorhabenträger aber bislang überhaupt nicht untersucht. Wir fordern das Regierungspräsidium daher auf, den Antrag vollumfänglich abzulehnen“, so Harry Neumann abschließend.

Die Naturschutzreferentin der NI, Dipl.-Biologin Dr. Christine Thiel-Bender sowie der Fachbeirat der NI, Rüdiger von dem Borne, werden am Donnerstag, dem 03.11.2016 den Belangen des Naturschutzes und auch des Landschaftsschutzes, welche die NI in ihrer umfangreichen Stellungnahme vorgebracht hat, im Erörterungstermins noch einmal Nachdruck verleihen. +++

Bisherige Veröffentlichungen in der lokalen Presse:

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